Kritiken

SPETSNAZ – Perfect body (EP/SPV/Out of Line) – Info: www.spetsnaz.se

Neben ein paar Samplerbeiträgen und den Bonusstücken der Dt. VÖ der „Grand design“-Scheibe gab es schon seit längerem keine neuen Stücke der Schweden SPETSNAZ zu hören. Die Old School-Verfechter No. 1 der heutigen Zeit geben sich nun mit einer neuen EP die Ehre - „Perfect body“! Der Titeltrack ist auch der klare Höhepunkt dieser EP, setzt musikalisch wie textlich klare Zeichen, klingt schon fast zu straight und damit nach einer fast trivialen Botschaft; wobei, die Einfachen werden ja im allgemeinen wenigstens verstanden...dazu powert der Beat den Hörer gut durch. Noch eine persönliche Randnotiz: Schade, daß gerade nun die Berliner Old School-Party „Bodybeats“, die im Text bewußt gewürdigt wird, etwas am Stock geht, hier ein Gruß nach Berlin und ein „WEITERMACHEN!“.
Mit „Apathy“ wird es dann etwas bedächtiger, nachdenklicher. Dieser Song erreicht dabei nicht ganz die Klasse von den letzteren neuen wie „Darkling“. Der letzte neue Song hört auf den Namen „Silence implies consent“ und ist auch eher unauffällig, weniger impulsiv als viele der „Grand design“.
Was folgt sind Remixe von Stücken dieses Albums sowie von „Perfect body“ sowie eine Liveversion von „On the edge“, aufgenommen in Mexico. Vor allem die Remixe von „Perfect body“ [klingt völlig nach NEUROTICFISH, waren die da am Werk?], sowie der von „I´m one“ [auch der Sound kommt mir massiv bekannt vor, komm aber nicht drauf, woher...:(] sind mir zu wenig eigenständig, klingen wie eine Vorlage an die „normalen“ EBMler bis vor allem Futurepopper. Nur gut, daß mir Pontus neulich in Krefeld glaubhaft versicherte, daß es für SPETSNAZ niemals wirklich in eine andere Richtung als Old School gehen wird. Da kann man also im Gros nur sagen: WEITER SO! Freue mich schon auf das neue Album, für Sommer/Herbst 2005 angekündigt!

H-Punkte 5,0 [Skala 1- 6]

DJHorn




ERASURE – Nightbird (CD/Mute) – Info: www.erasure.de

Es gibt sie also noch. ERASURE sind wieder da. Eigentlich DIE Synthipopband der 80er Jahre neben dem großen Bruder DEPECHE MODE und eigentlich konnte ich mich immer mehr mit den Popsongs von ERASURE anfreunden seinerzeit. Dementsprechend gespannt habe ich das neue Album „Nightbird“ gehört und – wie erwartet – gibt es keine wirklichen Überraschungen, denn der Sound könnte ebenso in den 80ern produziert worden sein. Auch ERASURE bringen uns also ein weiteres „Retro“-Album, ohne dabei jedoch zu sehr in Klischees zu verfallen. Die sehr warme Stimme von Sänger Andy Bell fügt sich wie immer perfekt ins elegisch-harmonische Klangbild der einzelnen Songs. Highlights sind für mich „No doubt“, „Don`t say you love me“ und die Single „Breathe“. Beide Songs sorgen für eine sehr wohlige, zuckersüße Atmosphäre. Sicher genau richtig für kuschelige Winterabende in trauter Zweisamkeit! Was man eventuell bemängeln könnte, ist die fehlende „Innovationskraft“, die von diesem Album ausgeht. Es ist genau das, was man von ERASURE erwartet hat. Es werden keine neuen Eckpunkte gesetzt und die „Verspieltheit“ beschränkt sich auf einige Ausflüge in modernere Trancegefilde, ohne dabei jedoch „konsequent“ zu werden. Insgesamt also ein recht entspannendes „Easy Listening“-Album mit leicht nostalgischer Note. Aber das ist in heutigen Zeiten schon sehr viel Wert...

H-Punkte 4,0 [Skala 1- 6]

Le-Rav




PATENBRIGADE: WOLFF – Ostberliner Bauarbeiter (MCD/Zweieck Rec.)

Es kommt in der Flut der Bemusterungsobjekte nicht oft vor, daß eine anstehende VÖ augenblicklich hervorsticht; dieser Fall geschah zumindest bei meiner Person mit der hier für Euch betrachteten neuen Band PATENBRIGADE: WOLFF mit der ersten MCD „Ostberliner Bauarbeiter“. Dabei könnte man auf den Gedanken kommen, daß 15 Jahre nach dem Fall der Mauer ein Lied über deren geplanten Bau nicht mehr ganz zeitgemäß ist, obgleich diese 1961 errichtete Trennung von Ost- und Westberlin sinnbildlich für die räumliche und gedankliche Trennung von BRD und DRR in vielerlei Köpfen immer noch existent ist. Textauszüge des Songs, der eine gekonnte und selten so passende Symbiose aus EBM- und Industrialklängen offeriert, beinhaltet Teile einer Antwort von Walter Ulbricht, federführend beim Bau der Mauer als damaliges Staatsoberhaupt der DDR, auf einer internationalen Pressekonferenz des 15. Juni 1961, der dort einer Journalistin erwiderte "Ich verstehe Ihre Frage so, daß es in Westdeutschland Menschen gibt, die wünschen, daß wir die Bauarbeiter der DDR dazu mobilisieren, eine Mauer aufzurichten. Mir ist nicht bekannt, daß eine solche Absicht besteht... Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.".
Faszinierend an diesem, wenn auch nur anreißend geschichtsträchtigen Werk, ist die pure Energie des Beats, der ohne Unterlaß von den Ohren direkt in die Beine gehen muß. Dabei sind die Strukturen nicht weiter kompliziert, aber perfekt aufeinander abgestimmt. Eine zielführende Simplifizierung mit klarem Auftrag: Tanzeinsatz!
Neben der zu empfehlenden Clubversion bietet die „Ostblock“-Bauart weniger Kraft, wobei der Bonussong „Krantransport“ (feat. Sara Noxx) dann einfach nur noch öde und einschläfernd ist, vor allem seitens der trivialen Erklärungen zu eben dieser Tätigkeit. Aber, hey, was soll´s? Selten ist überhaupt ein Lied einer Maxi so durchschlagskräftig wie o.g. Clubspielart. Für Samplefreunde: Als letztes folgt noch die komplette Rede des Westberliner DGB-Vorsitzende Scharnowski, von der Teile ebensfalls im Song benutzt worden, verbreitet am Morgen des 17.Juni 1953 (Arbeiteraufstand) über den RIAS (Rundfunk im Amerikanischen Sektor).
Aber grämet Euch nicht, der Song ist auch zugänglich ohne politischen Hintergrund...:)

H-Punkte 5,5 [Skala 1- 6]

DJHorn




WELLE:ERDBALL – Horizonterweiterungen (LP/SPV) – Info: www.welle-erdball.de

Warum hab ich mit WELLE:ERDBALL so meine Probleme? Es liegt wohl daran, dass es sich hier um eine Band handelt, die mit ihrem Stil über all die Jahre kaum „experimentiert“, einige Klischees bis zum Erbrechen ausreizt (C-64 Vergötterung, das Spielen mit Ost- und Nostalgie, Computerklänge etc.). Es gibt natürlich weitaus schlimmere „Vorlieben“, die eine Band aus der Electroszene haben könnte, jedoch gehen mir langsam die fiepsigen und analogen Klänge von WELLE:ERDBALL auf den Senkel. Es klingt eigentlich ALLES so, als wenn man es auf einem der vorherigen Tonträger schon einnmal gehört hat. Und das ist das große Manko dieser Band. Natürlich sehen dies hartgesottene Fans total anders und ich weiß, dass WELLE:ERDBALL eine riesige Fangemeinde haben. Dies liegt nicht zuletzt auch an den immer sehr stimmungsreichen Livegigs, die ich selbst sehr unterhaltsam finde. Live sind sie mir auch wesentlich „angenehmer“, als auf einen Album. WELLE:ERDBALL glänzen immer dann, wenn sie aus ihrem eingeschränkten Klangkosmos ausbrechen, zuletzt hab ich das bei „Arbeit adelt“ und „Starfighter F-104G“ vernommen, wo man ungewohnt harte Beats um die Ohren geschleudert bekam. Diese beiden Songs sind auch nach wie vor meine Faves von W:E.

Auf „Horizonterweiterungen“ hingegen finden wir leider eher konventionelle und sehr nostalgische Tracks und keine Überraschungen. Allein „Meine Klangwelt C-64“ ist im Prinzip eine Frechheit, denn dieses Thema wurde von WELLE:ERDBALL ausgelutscht bis zum „geht nicht mehr“. Ich erinnere nicht zuletzt an „23“ auf der „Starfighter“-Maxi. Ansonsten gibt es große Anleihen an KRAFTWERK und die Coverversion des EXTRABREIT-Klassikers „Kleptomanie“. Paradox, dass man hier ein Instrumentarium benutzt (Snare, Kick), welches ich schon auf der allerersten WELLE:ERDBALL-Maxi „Nyntändo-Schock“ vernahm. Vielleicht wäre es mal sinnvoll, einen „fremden“ Produzenten heranzulassen, so dass sich der sehr eingeschränkte „Kosmos“ aufbrechen lässt. Ansonsten kann ich mit dieser Scheibe nicht viel anfangen. Nur was für die eingefleischten Fans!

H-Punkte 2,0 [Skala 1- 6]

Le-Rav




EPSILON MINUS – R.I.P. EP (EP/Unreleased) – Info: www.epsilonminus.com

Der Abgesang einer (für mich) großen Hoffnung im elektronischen Sektor. Bereits das Debüt „Epsilon Minus“ bestach durch hervorragende elektronische Popsongs, damals noch mit dem unverkennbaren Gesang von Jennifer Parkin, die sich nach der 2. Scheibe verabschiedete und ihr erfolgreiches Projekt AYRIA gründete. Auf „Mark II“ gab es dann die ersten sehr technoid angehauchten Tracks von Bogart Shwadchuck, jedoch ohne Gesang und z.T. sehr auf die „alte Schule“ zielend. Trance wurde kaum integriert. Trotzdem ist vor allen Dingen das furiose Finale „No future“ mit über 10 Minuten Spieltzeit ein wahres Meisterwerk elektronischer Musik. Dass Bogart Shwadchuck auch schon immer einen Hang zu Breakbeats und vertrackten Rhythmen hatte, merkt man nicht zuletzt an „Hide your girlfriends“. Seine Fortsetzung findet dieser Track für mich auf der aktuellen „R.I.P. EP“, die man nur im Netz erhalten kann (nähere Infos unter www.epsilonminus.com). „Thuggin“ ist genial instrumentiert, sehr beatreich und mit coolen Samples versehen. Sicher der Höhepunkt dieser sehr an die letzte „Reinitialized“ CD erinnernde 6-Track EP. Es handelt sich um Outtakes und experimentelle elektronische Tracks mit hohem Improvisationsfaktor. Trotzdem erkennt man fast in jeder Minute die Freude und den Enthusiasmus von Bogart, welcher sich nun in Zukunft anderen und technoideren Projekten widmen möchte. Da EPSILON MINUS immer mehr mit der „schwarzen, elektronischen Szene“ in Einklang gebracht wurde, war es für ihn nur konsequent, EPSILON MINUS aufzugeben. Ich bin gespannt, was wir von ihm in Zukunft vernehmen werden, denn ich halte ihn nach wie vor für einen hervorragenden Musiker und Produzenten.

H-Punkte 5,0 [Skala 1- 6]

Le-Rav




SCOOTER – One (always hardcore) (MCD/Edel) – Info: www.scootertechno.com

Wunderbar! Nach „Shake that!“ gibt es also die längst überfällige 2. Single im „alten“ Stil. Erinnert ein wenig an „Maria (I like it loud)“, nur dass der Refrain dieses Mal doch tatsächlich von Hans-Peter richtig gesungen wird! Zudem der immer sehr eindrucksvolle Stadiongesang, so dass man sich mit Wonne an alte THE KLF-Zeiten erinnert. „One“ ist natürlich keine eigene Idee – die Hook wurde bereits ein paar Mal in der Techno- und Hardstyleszene verbraten, u.a. von STACCATO, die dieses Lied dann auch konsequenterweise „I feel hardcore“ nannten. SCOOTER schaffen es jedoch mal wieder, die sehr einprägsame Hook in ein optimales Klangbild zu pressen, bestehend aus dem zunächst verzerrten Gesang von H.P. , knallenden Beats und verspielten Trancemelodien. Ebenso beeindruckend der sehr genial instrumentierte „Club-Mix“, welcher sich zunächst sehr percussion-orientiert ankündigt. Schmankerl und Kleinod zugleich ist jedoch das instrumentale „Circle of light“. Ein wunderbar sphärisches Trancestück mit einer kongenialen Melodie. In genau diesen Momenten erkennt man auch das Potenzial dieser immer noch sehr unterschätzten Band, die man immer nur auf die einfach strukturierten Singles reduziert. Und selbst hier erkennen viele nicht die selbstironische Haltung der 3 Jungs, die sich vor allen Dingen in den schlagwortorientierten Lyrics von H.P. Baxxter manifestieren. In diesem Sinne sag ich nur „Lakierski Materialski“ und ich bin schon jetzt auf die kommende Single „Stripped“ und die darauf enthaltenen Versionen sehr gespannt!

H-Punkte 5,0 [Skala 1- 6]

Le-Rav


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